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Digitalisierung im Pflegedienst - Berufsorientierung des Pflegenachwuchs

31.01.2018

Dieser Artikel wurde im Nachgang zum Kongress überarbeitet und aktualisiert.

Am 19. und 20. Januar 2018 öffnete der Springer Kongress Pflege im Maritim pro-Arte Hotel Berlin einem fortbildungsinteressierten Fachpublikum seine Pforten. Zum dritten Mal in Folge fand am Samstag Vormittag von 9-12 Uhr das Personalleitungsmodul unter der Regie der HR-Spezialisten von MCM Media Consult Maier + Partner Karlsruhe statt. Auch in diesem Jahr konnten wir wieder spannende Vorträge zu aktuellen Personalthemen akquirieren und brandaktuelle Studienergebnisse vorstellen. Die beiden größten Herausforderungen der Zukunft im Pflegebereich seien, so Prof. Axel Ekkernkamp auf dem Eröffnungspodium, die Digitalisierung und der Fachkräftemangel.

Im ersten Vortrag ging es dann auch gleich darum, eine der Ursachen für den Fachkräftemangel, den fehlenden Nachwuchs in der Pflege näher zu beleuchten. Jennifer Neumaier, Studentin an der katholischen Hochschule Freiburg und wissenschaftliche Nachwuchskraft im MCM -Team, beschäftigte sich intensiv mit der Frage, wie sich die Berufsorientierung bei der Zielgruppe pflegeinteressierte Schüler/innen gestaltet. “Mich interessierte, wie junge Leute sich heute über die Ausbildung in der Pflege informieren, wie sie das Internet nutzen und was letzten Endes den Ausschlag gibt, sich für oder gegen eine Pflegeausbildung zu entscheiden,” erklärte Neumaier, die vor dem Studium eine Ausbildung zur Pflegekraft absolvierte ihr Forschungsinteresse. Die überraschenden Ergebnisse ihrer Befragung unter Pflegeschüler/innen stellte sie auf dem Kongress zum ersten Mal der Öffentlichkeit vor. Demnach sollten Arbeitgeber, die bei der Nachwuchsansprache erfolgreich sein wollen an diese Regeln halten:

Platz 1: Praktikum oder FSJ anbieten
Platz 2: Praxisinformationen aus erster Hand bereitstellen
Platz 3: Infos der Ausbildungsbetriebe aim Internet zugänglich machen
Platz 4: Ausbildungsportale: weniger wichtig


Alle Ergebnisse auf einen Blick

 

Eine weitere Erkenntnis war, dass junge Leute sehr realistische Erwartungen haben, was ihre berufliche Entwicklung angeht. Ein Einblick in den Berufsalltag in der Pflege hat für sie einen hohen Stellenwert und das direkte Gespräch mit Pflegekräften ist auch im Zeitalter der Digitalisierung serh wichtig. Warum Ausbildungsportale nicht so stark gefragt sind, kann daran liegen, dass die Zielgruppe ihre Informationen lieber direkt auf den Seiten der Ausbildungsplatzanbieter abruft. Die Zielgruppe Berufsanfänger/innen sollte also bei der Gestaltung der Karrierehomepage unbedingt berücksichtigt werden. Welche Informationen für Schüler/innen besonders interessant sind, können Sie hier dem Vortrag entnehmen.

 

Im zweiten Beitrag von Anja Wolf, Pflegedienstleiterin im Mediclin Herzzentrum Coswig, ging es darum (junge) Mitarbeiter/innen für den Pflegeberuf zu gewinnen und zu halten. Hierzu stellte sie in einem Praxisbericht Erfahrungen aus ihrer Klinik vor. Speziell das Einarbeitungskonzept für die Intensivstation und die Weiterentwicklung dieser Pflegekräfte dürfte für das Fachpublikum interessant gewesen sein. Sie betonte, dass es sich dabei um Führungsaufgaben mit sehr hohem Aufwand handele und das Personal andere Ansprüche stelle als noch vor Jahren. Rund um die Mitarbeiter sei ein ganzer Komplex aus Personalentwicklungsaufgaben entstanden wie z.B. Onboarding und Mentoring. Der Arbeitsplatz müsse sich gewissermaßen immer mehr an den Menschen anpassen und nicht umgekehrt. Der regionale Bezug sei dem Unternehmen dabei sehr wichtig. Das Herzzentrum Coswig habe zwar über die Region hinaus einen hervorragenden medizinischen Ruf im Bereich Kardiologie. Es habe sich aber auch als mitarbeiterfreundlicher Arbeitgeber in der Region einen Namen gemacht, so dass Menschen, die in und um Coswig leben, hier wohnortnah einen sicheren und innovativen Arbeitsplatz vorfinden. Entsprechend niedrig sei die Fluktuation. Alle weiteren Erkenntnisse können Sie hier direkt dem Vortrag entnehmen.

 

Der dritte Vortrag widmete sich einem Thema, das in fast allen Bereichen für “revolutionäre” Veränderungen sorgt: der Digitalisierung. Josef Hug, Pflegedirektor des Städtischen Klinikums Karlsruhe, in 2017 zum Pflegemanager des Jahres gekürt, hatte einen inhaltsreichen Vortrag im Gepäck, in dem Chancen, Risiken und Aufgaben der Digitalisierung aus Perspektive des Unternehmens, des Pflegemanagements, der Mitarbeiter/innen und der Patienten vorgestellt wurden. Nach seiner Einschätzung ist das Gesundheitswesen im Bereich Digitalisierung ca. 4-5 Jahre hinter der allgemeinen Entwicklung zurück. “Vielen Akteuren fehlt einfach die Vorstellung davon, was in den nächsten 10 bis 20 Jahren auf sie zukommt. Daher ist es ratsam, sich intensiv mit der Thematik auseinanderzusetzen”, betonte er. Teil seines Vortrags war eine aktuelle Studie des FZI, Forschungszentrum Informatik Karlsruhe zur “Analyse der Digitalisierung der Pflegedokumentation”, die seine Thesen noch einmal deutlich unterstrich. Insgesamt habe die Digitalisierung extreme Auswirkungen auf fast alle Bereiche – das Potential sei aber bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Wichtig sei die aktive Auseinandersetzung mit dem Thema deshalb, weil man nur so die Kontrolle über digitalisierte Prozesse behalten könne. Als misslungenes Beispiel führte er die elekronische Gesundheitskarte an: – hier könne man sich seit Jahren nicht auf ein funktionierendes Modell einigen. Und die bundesweite Aktion “Deutschland sucht den Impfpass” sei ein etwas anachronistisches “Stochern im Nebel”. Die sehr unterschiedliche Anwendung digitaler Tools sei z.T. darauf zurückzuführen, dass an manchen Klinikstandorten noch nicht einmal das WLAN im ganzen Haus funktioniere und dass Führungskräfte vor hohen Investitionen zurückschrecken. Als Beispiel dafür, wie wichtig Digitalisierung gerade im Gesundheitsbereich sei, erwähnte er die Tatsache, dass medizinisches Wissen sich alle 5 Jahre verdoppele – Menschen müssen sich so mit immer mehr Daten und Lerninhalten auseinandersetzen.  Diese Entwicklung könne man z.B. mit digitalen Lebensläufen abbilden – wie es im Städtischen Klinikum bereits gehandhabt wird. Alle weiteren Erkenntnisse können Sie hier direkt dem Vortrag entnehmen.

Weitere Links:

Blogartikel zum Eröffnungspodium

Link auf die Kongress Seite

Grusswort von Minister Gröhe




geschrieben von Ulrike Röse-Maier