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Berlin: Pflegekräfte und Ärzte (m/w/d) verlassen geschlossen ihre Abteilung

18.02.2020

Dass Pflegekräfte ihren Arbeitgeber auf der Suche nach besseren Arbeitsbedingungen verlassen, ist nicht neu. Eine relativ hohe Fluktuationsrate ist ein Merkmal dieser Berufsgruppe. Auch Chefärztinnen und Chefärzten folgt manchmal ein kleiner Fanclub von Weiterbildungsassistenten. Dass aber fast eine ganze Klinikabteilung mit 11 Ärzten (m/w/d) und 27 Pflegekräften (m/w/d) kündigt und ihren Arbeitgeber, wie jetzt in Berlin geschehen, verlässt, hat es so noch nicht gegeben. Schon am 1. April soll mit den neuen Mitarbeitern (m/w/d) eine ähnliche Abteilung im kirchlichen St. Joseph Krankenhaus in Tempelhof aufgebaut werden. 

Komplettes Team ergreift die Initiative

Die Arbeitsbelastung auf der Station sei zu hoch gewesen, sagen die Beteiligten, jetzt hoffe man im St. Josef Krankenhaus, das in kirchlicher Trägerschaft betrieben wird, auf bessere Bedingungen. Bis Ende März sind die 11 Ärzte (m/w/d) und 27 Pflegekräfte (m/w/d) noch am Auguste-Viktoria-Klinikum angestellt, sodass der Betrieb bis dahin weiterläuft.

Man fragt sich als erstes, ob hier skrupellose Headhunter am Werk waren. Die Antwort lautet: Nein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben mit den Füßen abgestimmt und ihre Verhandlungen mit potentiellen Arbeitgebern in eigener Sache selbst geführt. 
 
Während so etwas eine mittelschwere Katastrophe für jeden Arbeitgeber darstellt und zeigt, welche fatalen Auswirkungen die Ökonomisierung im Gesundheitswesen hat, heißt es auf Seiten des Senats lediglich, dass so ein Fall für jede große Klinik schade und der Weggang der Belegschaft für Vivantes ein Verlust sei. Nun wolle man mit neuen Leuten eine neue Abteilung aufbauen. Bei der Reputation, die dieser Standort jetzt hat, wird das nicht einfach sein. Weiter heißt es im Senat: „Das ist keine Lösung, das ist eine Flucht.“ Ein Wort des Bedauerns gegenüber den Mitarbeitenden, die sich zu diesem Schritt gezwungen sahen, gibt es bisher nicht.

Deutsches Ärzteblatt zum Problem Fluktuation

Das Deutsche Ärzteblatt hat sich bereits Anfang des Jahres zur Thematik der Fluktuation am Beispiel der Intensivpflege geäußert. Hier heißt es: „Eine der wesentlichen Ursachen der Fluktuation aus dem Beruf ist, wie Untersuchungen aus der Intensivpflege zeigen, die ausgeprägte Unzufriedenheit der Pflegenden durch eine immer höhere Arbeitsbelastung bei zu geringer Entlohnung und fehlender Perspektive. Die vom Bundesgesundheitsministerium eingeführten Pflegepersonaluntergrenzen haben in der Intensivmedizin dabei die Situation eher verschlechtert als verbessert, da Untergrenzen in vielen Krankenhäusern aufgrund des bestehenden Personalmangels ad hoc zur Sollausstattung geworden sind.
Die erhebliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen hat ihre Ursache zum einen in dem zunehmenden ökonomischen Druck, unter dem die Krankenhäuser stehen. Zur Refinanzierung der Krankenhäuser oder gar, um Gewinne aus einem solidarfinanzierten Krankenhaussystem zu erzielen, muss von Jahr zu Jahr mehr Geld erwirtschaftet werden. Das hat die Arbeitsbelastung in nicht mehr tolerierbare Regionen getrieben. Die Folge: Die Fluktuation insbesondere aus arbeitsintensiven Bereichen wie der Intensiv- und Notfallmedizin ist besonders hoch und der Arbeitsmarkt ist gänzlich leer.“ Dtsch Arztebl 2020; 117(4): A 131–3

Abwanderung ist Weckruf für die Politik

Man kann in diesem Fall beiden Seiten nur Glück wünschen: den Mitarbeitern, dass sie beim neuen Arbeitgeber tasächlich bessere Bedingungen vorfinden, und dem Krankenhaus, das durch den Verlust stark beschädigt ist, dass es in der Lage sein wird, schnell Ersatz zu beschaffen. Ganz sicher ist dieser Weckruf auch ein deutliches Zeichen für die politisch Verantwortlichen, etwas zu ändern. Sonst bleibt das kein Einzelfall.

Unser Interesse ist es, Menschen in Positionen zu vermitteln, bei denen wir sicher sein können, dass die Arbeitsbedinguingen stimmen und langfristige Arbeitsverhältnisse mit stabilen Teams entstehen. Es gibt nichts Schlimmeres für den Team-Spirit als hohe Fluktuationsraten. Vielleicht kann man daher auch in diesem Fall etwas Positives sehen: Ein interdisziplinäres Stationsteam hat zusammengehalten und sein Schicksal gemeinsam in die Hand genommen. Das wird ihnen nicht leicht gefallen sein und verdient Respekt. 

Lesen Sie auch unseren Beitrag zum Thema Unternehmenskultur: #medicaltopjobs on #healthparade 

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geschrieben von Ulrike Röse-Maier