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AGG und Bewerbungsgespräch: Legal Schwindeln?

05.11.2018

Die Tabu-Fragen-Falle und wie Sie sie vermeiden

Bewerbergespräche können einige Fallen enthalten – nicht nur für Kandidatinnen und Kandidaten, sondern gerade auch für Personalverantwortliche. Das AGG – das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz  – legt nämlich genau fest, wonach gefragt werden darf, auf welche Fragen Kandidatinnen und Kandidaten wahrheitsgetreu antworten müssen und wann sie ganz legal lügen dürfen. Antwortet eine Kandidatin/ein Kandidat nämlich falsch auf eine unzulässige Frage, hat dies laut Bundesarbeitsgericht keinerlei Konsequenzen für sie/für ihn. Es kann hingegen sehr peinlich werden, wenn Arbeitgeber schlecht vorbereitet sind und in die „Tabu-Fragen-Falle“ tappen, indem sie die Fragen stellen, die wir unten aufgelistet haben.

Wie überall gibt es aber auch hier Ausnahmen von der Regel. So dürfen ansonsten unzulässige Fragen dann gestellt werden, wenn bestimmte Sachverhalte von grundlegender Bedeutung für die Ausübung der zukünftigen Tätigkeit sind. Hier besteht sogar eine Offenbarungspflicht für Kandidatinnen/Kandidaten. Ungefragt müssen sie der Arbeitgeberin mitteilen, wenn sie aufgrund einer Einschränkung eine zukünftige Aufgabe gar nicht werden ausüben können. Ein Beispiel ist die Friseurin, die unter einer starken Allergie gegen bestimmte Haarpflegeprodukte leidet. Auch über bestehende Wettbewerbsverbote oder drohende Haftstrafen, die eine Arbeitsaufnahme verhindern, muss der Arbeitgeber unaufgefordert informiert werden.

Gehen Sie auf Nummer sicher

Wenn Sie Risiken vermeiden wollen, bereiten Sie sich am besten gut vor und gehen zu zweit in das Bewerbungsgespräch. Stellen Sie im Nachhinein fest, dass eine Kandidatin/ein Kandidat eine zulässige Frage falsch beantwortet hat – dies kann z.B. die Qualifikation oder das vorangegangene Arbeitsverhältnis betreffen, können Sie den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Dies hätte dann die gleiche Wirkung wie eine fristlose Kündigung. Gehälter und Löhne können zwar in der Regel nicht zurückgefordert werden, aber so kann man sich zumindest vor unaufrichtigen Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen schützen. Um auch im Nachhinein noch sicher zu sein, welche Aussagen im Bewerbungsgespräch getroffen wurden, ist man gut beraten, Bewerbungsgespräche mindestens zu zweit zu führen und ein Gesprächsprotokoll anzufertigen.

Unzulässige Fragen: Ausnahmen bestätigen die Regel

Auch für die “Tabu-Fragen” gibt es also gemäß AGG Ausnahmen: nämlich dann, wenn z.B. eine schwere gesundheitliche Einschränkung die Ausübung einer Aufgabe nicht möglich macht, oder ein laufendes Straf- oder Insolvenzverfahren zu einer starken Beeinträchtigung  der Arbeitsaufnahme führen würden. Hier einige weitere Beispiele:

Unzulässige Frage

Warum

Ausnahme – Umstände, unter denen die Frage erlaubt ist

Sind Sie schwanger?

Dies wäre eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts

Wenn sich eine Kandidatin auf eine Stelle als Schwangerschaftvertretung bewirbt

Sind Sie gläubig bzw. welcher Religion gehören Sie an

Dies wäre eine Diskriminierung aufgrund der religiösen Überzeugung

Kirchliche Institutionen dürfen danach fragen und sind dazu berechtigt, Bewerber/innen abzulehnen, die einer anderen Glaubensrichtung angehören

Welche Partei haben Sie gewählt?

Dies wäre eine Diskriminierung aufgrund der politischen Einstellung

Arbeitgeber, die parteipolitisch ausgerichtet sind, z.B. bei Parteien und parteinahe Stiftungen

Sind Sie körperlich oder geistig behindert?

Dies wäre eine Diskriminierung aufgrund einer Behinderung

Wenn berechtigte Zweifel an der Eignung eines Bewerbers aufgrund der speziellen Anforderungen für einen Job bestehen. Z.B. wenn sich jemand mit einem offensichtlichen Sprachfehler als Callcenter Agent bewirbt.

Sind Sie krank/leiden Sie an einer chronischen Erkrankung?

Niemand darf aufgrund einer Erkrankung benachteiligt werden, sofern diese nicht ihre/seine Arbeitsfähigkeit beeinrächtigt

Besteht eine ansteckende akute Erkrankung, die andere im Arbeitsumfeld beeinträchtigen oder gefährden könnte, muss dies dem Arbeitgeber mitgeteilt werden. Es muss dem Arbeitgeber auch offenbart werden, wenn man eine Krankheit hat, die eine Ausübung der angestrebten Tätigkeit unmöglich macht. Z.B. eine Allergie gegen Einmalhandschuhe, die täglich in der Pflege gebraucht werden

Haben Sie Schulden?

Diese Frage ist unzulässig, denn die persönlichen Vermögensverhältnisse gehen den Arbeitgeber grundsätzlich nichts an

Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Arbeitgeber Einblick in die Vermögensverhältnisse verlangen. Die trifft für Positionen zu, in denen eine besondere Vertrauenswürdigkeit im Umgang mit Vermögenswerten vorausgesetzt wird, z.B. Führungskräfte in der Finanzwirtschaft

Sind Sie vorbestraft?

Es ist grundsätzlich unzulässig, eine Bewerberin/einen Bewerber nach laufenden Ermittlungsverfahren zu fragen oder danach, ob er /sie vorbestraft ist.

Wenn eine Vorstrafe für einen Arbeitsplatz unmittelbar relevant ist, darf danach gefragt werden; Beispiel: Der/die zukünftige Leiter/in einer Einrichtung, die mit Drogenabhängigen arbeitet, dürfte danach gefragt werden ob eine Vorstrafe wegen eines Drogendeliktes vorliegt.

Quellen/Links

das AGG Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz




geschrieben von Ulrike Röse-Maier